Neubau einer ICE-Strecke von Bielefeld nach Hannover durch Lippe?

Bezirkskonferenz Naturschutz OWL fordert Bahn-Neubaustrecke entlang der vorhandenen Trasse

Seit November 2020 hat die Bundesbahn Netz AG den Auftrag eine ICE Schnellbahntrasse zwischen Bielefeld und Hannover zu planen. Vorausgegangen war eine Machbarkeitsstudie („Schüssler Pläne“), die anhand von 5 Varianten darlegte, inwieweit die vom Bundesverkehrsministerium vorgegebenen Planungsvorgaben eingehalten werden könnten. Als Vorgabe war bestimmt, dass die Strecke innerhalb von 31 Minuten mit Höchstgeschwindigkeit von 300 km/h  befahrbar ist und dass die Strecke genehmigungsfähig und finanzierbar ist. Ziel ist es den Bahnverkehr in ganz Deutschland mit einem Zeittakt, dem Deutschlandtakt zu verbinden. Das bedeutet z.B., dass der Fahrgast von Düsseldorf bis Berlin in 4 Stunden sein könnte. Angepasst werden müssen deshalb sowohl die Zeittakte aller Zugverbindungen, ab Fern-, Regional- oder Güterverkehr aber insbesondere die technische Ausstattung der Strecken mit den Gleisen, Bahnhöfen, Bahnsteigen, Stellwerken, Leitungssystemen usw.. Eine Variante ist eine völlig neue Bahntrasse von Brake bis Vlotho quer durch den Kreis Lippe.
Die jetztige Strecke von Bielefeld nach Hannover ist grundsätzlich viergleisig ausgebaut. Problem ist ein nur zweigleisiger Teil zwischen Wunstorf und Seelze, der bereits heute zu Verzögerungen und Wartezeiten im Bahnverkehr führt. Will man dieses Nadelöhr abschaffen und die Trasse zu einer Schnellbahntrasse ausbauen, sind technische Vorgaben zu beachten (gerade Strecken, nur langgezogene Kurvenradien, geringe Steigungen, Durchfahrbarkeit der Bahnhöfe, Ausbau der Bahnsteige etc.). Die Investitionskosten für den Ausbau der Strecke sind hoch. Sie beziffern sich laut „Schüsslerplanung“ auf 4 – 5,5 Milliarden Euro. Die Kosten sind abhängig davon, ob Tunnelbauten z.B. durch den Obernberg in Bad Salzuflen oder den Jakobsberg in Porta Westfalica notwendig sind. Ebenso Kostentreiber sind notwendige Brückenbauten, die z.B. Täler oder die Weser überqueren helfen.
Zu diesen Kosten für die Trasse kommen die Kosten für die Anschaffung der Züge, der technischen Herrichtung der Anschlussstrecken sowie der oben bereits angeführten technischen Bauten.
Einzelheiten, wie den Suchraum und die unterschiedlichen Trassenvarianten, dabei betreffen die Varianten 2 und 5 den Kreis Lippe, finden Sie unter:
Bahnprojekt Hannover–Bielefeld | Hannover–Bielefeld (hannover-bielefeld.de)

Dass eine Verkehrswende und der Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel notwendig sind, wird kaum bestritten. Insofern kann ein Ausbau der ICE-Verbindung nach Hannover ein Beitrag sein, den Umstieg vom Auto auf die Bahn zu erleichtern. Ist es dafür aber notwendig und zielführend, eine völlig neue Bahntrasse zu bauen? Ist es vertretbar, dafür Natur und Landschaft zu verbrauchen? Genügt dafür nicht ein Ausbau der vorhandenen Trasse?
Diese Frage haben sich neben den Umweltverbänden auch die am Bahndialog beteiligten Länder, Kreise, Städte und Gemeinden und zahlreiche Verbände und Vereine gestellt. Deshalb wurde in der 1. Plenumssitzung im März 2021 vehement dafür gestritten, dass neben der Suche nach einer neuen Trasse auch der Ausbau der vorhandenen Trasse als Planungsvariante untersucht wird.

Die Fachstelle Umweltschutz und Landschaftspflege des Lippischen Heimatbundes wird sich mit den weiteren beteiligten Umweltverbänden der Kreise Lippe, Herford, der Stadt Bielefeld, und der Region OWL in diesem Sinne an dem Bahn-Dialog beteiligen.

Nachfolgend geben wir die Pressemitteilung der Bezirkskonferenz Naturschutz OWL zu den Bahn-Plänen wieder:
Die Bezirkskonferenz Naturschutz OWL spricht sich vehement gegen eine 100 Kilometer lange ICE-Neubaustrecke zwischen Bielefeld und Hannover aus. Das Bahngroßprojekt mit einem bis zu 60 Meter breiten Baustellenmoloch wird sich durch eine vielgestaltige und besiedelte Landschaft fressen, warnt Karsten Otte, Sprecher der Bezirkskonferenz. Es wird Landschafts- und Naturschutzgebiete in großem Ausmaß zerstören und verinseln, gewachsene räumliche und menschliche Beziehungen kappen, Landschaften und Siedlungen verlärmen, Wasserversorgung gefährden und wertvolle Nutzflächen versiegeln.
Für große Tunnelbauten müssen riesige Gesteinsmengen bewegt werden. „Auch befürchten wir, dass den betroffenen Regionen wenigstens ein Jahrzehnt andauerndes Mammutbauvorhaben blüht, das wie bei Stuttgart 21 finanziell aus dem Ruder läuft“, mahnt Otte. Die Bezirkskonferenz Naturschutz unterstützt den Protest betroffener Kommunen und Bürger*innen, Bundes-, Landes- und Lokalpolitiker*innen sowie Parteien und Naturschutzverbände gegen die absurden Pläne des Bundesverkehrsministeriums.
Vom Auetal in Niedersachsen bis nach Herford wird vielen klar, was auf sie zukommt, nachdem kürzlich fünf Varianten der Neubautrasse öffentlich wurden. Für den Sprecher der Bezirkskonferenz, in der u.a. Naturschutzverbände, Biologische Stationen, Natur- und Umweltschutzstiftungen sowie die Vorsitzenden der Naturschutzbeiräte in OWL vertreten sind, ist das Projekt schon im Ansatz unsinnig. „Wieso sollen fünf Milliarden Euro für eine Fahrzeitverkürzung von wenigen Minuten ausgegeben werden?“ fragt Karsten Otte. „Die heutige Fahrzeit von 78 Minuten zwischen Hamm und Hannover passt hervorragend in das Taktschema eines angestrebten Deutschlandtaktes, wenn die ICE im 30-Minuten-Takt verkehren würden, was einer Verdopplung der jetzigen ICE-Verbindungen entspricht.“ Das wäre mit einem intelligenten Ausbau entlang der Bestandsstrecke auf vier Gleise zwischen Minden und Wunstorf sowie dem zweigleisigen Ausbau und der Elektrifizierung bestehender Strecken besser, landschaftsschonender und am Ende auch deutlich günstiger zu erreichen.
In Sachen Verkehrswende und Klimaschutz sind in den nächsten 10 Jahren entscheidende Schritte notwendig – eine Strecke mit einer Planungs- und Bauzeit von mindestens 20 Jahren kann dazu nichts beitragen. Die Menschen wollen nicht vorrangig mit 300 km/h von einer Metropole zur nächsten rasen, sondern pünktlich ankommen. Dazu bedarf es verlässlicher Anschlüsse und einer flächigen Anbindung ländlicher Regionen mit vernünftigen Takt- und ohne lange Umsteigezeiten. „Von all dem sind wir meilenweit entfernt“, so Otte. Um das zu erreichen und mehr Menschen vom Auto auf die Bahn zu bringen, brauchen wir keine Milliardengräber an Prestigeobjekten. Auch ist die Schnellbahntrasse eben für Schnellzüge, Güterzüge fallen als Nutzer weitgehend aus, da sie die ICE‘s behindern würden. Nicht einmal Intercitys könnten die Strecke nutzen, da sie am IC-Halt Minden vorbeiführt.

Am 14. Januar will die Bahn den Bürgerdialog starten. Die Bezirkskonferenz Naturschutz OWL vermisst darin die Variante des Ausbaus der Bestandsstrecke: „Die alleinige Ausrichtung auf die Prüfung von Neubautrassen ist unakzeptabel. Wir benötigten vielmehr die Prüfung eines trassennahen Ausbaus mit vielen kleinen und mittleren Verbesserungen, die in überschaubarer Zeit machbar sind.“ Es wird bei dem Dialog daher sehr darauf ankommen, welche Verbindlichkeit die diskutierten und vereinbarten Leitlinien und Absprachen im folgenden Planungsprozess tatsächlich haben. Es darf auch keine Fahrzeitvorgaben geben, der diese Variante ausschließt. Zu einem ergebnisoffenen Bürgerdialog passt auch nicht, dass das Vorhaben auf Basis eines Maßnahmengesetzvorbereitungsgesetzes Bürger- und Verbandsbeteiligungen reduziert und die Möglichkeiten einer Enteignung von Anliegern enorm erleichtere. Die Bezirkskonferenz Naturschutz appelliert an die Politiker*innen aller Ebenen, sich den Plänen des Bundesverkehrsministers entgegenzustellen und sich konsequent für einen naturverträglichen, bürgerfreundlichen und zukunftsfähigen Ausbau der Bestandsstrecke einzusetzen.

Weitere Infos:


Aufgrund dieser massiven Intervention der Mehrheit der im Bahndialog Beteiligten hat die Bundes Netz AG nach Rücksprache mit dem Bundesverkehrsministerium in einem Workshop im April, an dem ca. 150 Personen teilnahmen, zugesagt, auch den Ausbau der Bestandsstrecke zu prüfen.
In dieser Sitzung wurden die Vorgaben des Deutschlandtaktes und die Planungsvorgaben von Vertretern der Deutschen Bahn sowie weiteren Bahnexperten vorgestellt.
Nach intensiver Diskussion zeigten 2 Bahnexperten (Prof. Dr.Wolfgang Hesse von der LMU München (Mitglied u.a. im Initiativkreis „Deutschlandtakt“, beim Bündnis „Bahn für Alle“, „Pro Bahn“  und Herr Rainer Engel (Pro Bahn) Alternativen zu den Vorgaben des 31 Minuten Taktes der Bundesbahn auf.
Nachfolgend können Sie aus der Pressemitteilung der Naturschutzverbände vom 22. April hierzu weitere Einzelheiten erfahren.

ICE (Foto:Pixabay)
Variante 2 (Quelle: DB-Homepage)
Variante 5 (Quelle: DB-Homepage)
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