Bündnis „Ja! Zum Nationalpark“ akzeptiert die Mehrheitsentscheidung

Fachstelle Umweltschutz und Landschaftspflege


In den Kreisen Höxter und Paderborn hatten sich Nationalparkbefürworter aus 22 verschiedenen Natur- und Umweltschutzverbänden und -vereinen, unterstützenden Parteien, weiteren NGOs und Initiativen zusammengetan, um in einem neuen "Bündnis WILDSCHÖN - Ja! zum Nationalpark Egge" für ihre Idee zu werben. Zuvor haben sie mehr als 20.000 Unterschriften gesammelt und damit zwei erfolgreiche Bürgerbegehren durchgeführt. Nun waren die Bürgerinnen und Bürger im Rahmen eines Bürgerentscheids aufgerufen, darüber abzustimmen, ob sich ihre jeweiligen Kreise beim Land NRW um die Ausweisung eines Nationalparks Egge bewerben sollen. 
Wäre die Entscheidung pro Nationalpark Egge ausgefallen, hätte sich auch der Kreis Lippe beteiligen können, da ein kleiner Teil der Gebietskulisse für einen Nationalpark im Bereich Velmerstot in Frage gekommen wäre.
Die Bürger und Bürgerinnen in den Kreisen Höxter und Paderborn haben sich aber per Briefwahl bis Mitte Juni klar gegen einen Nationalpark Egge ausgesprochen.
Damit ist diese große Chance für die Regionalentwicklung und zur Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen für die Region nach Ansicht des Bündnisses verloren gegangen. In einer Pressemitteilung heißt es:
„Als Demokraten akzeptieren wir selbstverständlich das Votum der Bürger. Wir sind trotz des für uns unschönen Ausgangs sehr erfreut, dass sich so viele Bürger in den Kreisen Paderborn und Höxter am jeweils 1. Bürgerentscheid auf Kreisebene beteiligt haben. Verlierer wird die Natur sein: keine andere gesetzliche Schutzkategorie ermöglicht einen Vollschutz des Gebietes und eine dauerhafte Sicherung wie ein Nationalpark. In der Folge wird es jetzt nach den negativen Bürgerentscheiden keinen Nationalpark in der Egge geben. Dies hatte Umweltminister Krischer schon im Vorfeld bestätigt“
Nach Ansicht der Bezirkskonferenz Naturschutz, zu der auch der Lippische Heimatbund gehört, ist damit die Diskussion aber nicht beendet.
Wie das Land NRW seine national wie international verbindlichen Verpflichtungen zum Schutz der Natur erfüllen will, wird zu klären sein. 
Laut Karsten Otte, Sprecher der Bezirkskonferenz Naturschutz  „verpflichtet die nationale Biodiversitätsstrategie NRW 2% der Landesfläche aus der Nutzung zu nehmen, wovon gerade mal ein Zehntel erfüllt ist. In der Konvention zur Biologischen Vielfalt von Montreal (CBD) hat sich Deutschland verpflichtet 30% der Landesfläche unter Schutz zu stellen, 10% unter strengen Schutz – da wird sich das Land etwas einfallen lassen müssen, wenn der Nationalpark Egge jetzt nicht umgesetzt wird. Die EU droht bereits mit Strafen.“

20. Juni 2024                   Brigitte Scheuer

Der 17. Nationalpark für die BRD in OWL?

Ein Nationalpark für Ostwestfalen-Lippe?
Nationalpark Egge!

 

Fachstelle Umweltschutz und Landschaftspflege im LHB
 

Aufgrund des aktuellen Koalitionsvertrages der Landesregierung hat diese im September 2023 den Startschuss zum 2. Nationalpark in NRW gegeben. Bürgerinnen und Bürger, Kommunen, Vereine, Organisationen sind aufgerufen sich beim Findungsprozess einzubringen.
Ein genaues Verfahren hat die Landesregierung nicht vorgegeben. Allerdings muss die Entscheidung für die nachfolgende Bewerbung vor Ort fallen - zum Beispiel per Beschluss von Stadtrat oder Kreistag. Davor gibt es aber Diskussionen und Bürgerbeteiligungen, um Reaktionen abzufangen, Fragen zu beantworten und eine Akzeptanz vor Ort zu erreichen.
Als ersten Impuls hat die Landesregierung eine NRW-Karte veröffentlicht mit Flächen, die im Besitz des Landes sind - und die weitgehend unzerschnitten und prinzipiell groß genug sind für einen denkbaren Nationalpark. Auch eine vielfältige Tier- und Pflanzenwelt weisen diese Bereiche auf.  
Sechs Regionen mit ausschließlich Staatswald sieht die Landesregierung als besonders geeignet an:

  • Reichswald (Kreis Kleve)
  • Egge (Kreise Paderborn, Lippe und Höxter)
  • Arnsberger Wald (Hochsauerlandkreis und Kreis Soest)
  • Ebbe (Märkischer Kreis und Kreis Olpe)
  • Rothaarkamm (Kreis Siegen-Wittgenstein)
  • Hürtgenwald (Kreis Düren)

Nach Ansicht der beteiligten Ministerien erfüllen diese Gebiete die Voraussetzungen nach § 24 BNatSchG und kommen daher als Fläche für den 2. Nationalpark in Frage. Sämtliche Flächen stehen im Eigentum des Landes. Es ist Staatswald. Kein Wald von Kommunen, anderen öffentlichen oder privaten Eigentümern ist betroffen. Dabei handelt es sich um Waldflächen, die bereits zu einem größeren Teil unter Schutz stehen, z.B. als Naturschutzgebiet, Vogelschutzgebiet oder FFH – Schutzgebiet.
Seit langem gibt es im Bereich Ostwestfalen – Lippe den Förderverein Nationalpark Senne-Eggegebirge e. V., der sich in diesem Prozess im Bereich des vorgeschlagenen Gebietes der Egge (Kreise Paderborn, Höxter und Lippe) engagiert. Gemeinsam mit den Naturschutzverbänden, örtlichen Vereinen und Initiativen begleitet er diesen Findungsprozess. Die Region OWL ist dabei landesweit der Vorreiter.
Nachdem sich die Kreise Paderborn und Höxter gegen das Projekt ausgesprochen haben, brachten die Befürworter Bürgerbegehren auf den Weg. Die betreffenden Kreistage haben sich nicht, was rechtlich möglich gewesen wäre, dem Bürgerbegehren angeschlossen. Somit kommt es zum Bürgerentscheid. Danach werden alle Bürgerinnen und Bürger ab 16 Jahren in den beiden Kreisen ab Mitte Mai per Briefwahl bis zum 12. Juni abstimmen können, ob in der Egge ein zweiter Nationalpark entstehen soll.

Zur Schutzwürdigkeit dieses ca. 12.400 ha großen Gebiets liegt bereits eine Untersuchung des Landschaftsökologen Dr. Günter Bockwinkel vor. Es ist unter folgendem Link zu finden:  Zeit für den Nationalpark Egge - Egge Nationalpark (egge-nationalpark.de)


Sein Ergebnis ist:
„Sowohl von der Flächengröße (8.151 Hektar Egge Nord und 4.688 Hektar Egge Süd in öffentlicher Hand) als auch von der besonderen biologischen Wertigkeit der Egge her, drängt sich deren Ausweisung als Nationalpark geradezu auf. Das war im Wesentlichen auch schon 2005 das Resultat eines Gutachten des LANUV.“

Was hat das alles mit Lippe zu tun?
Eine kleine Fläche des vom Land vorgeschlagenen Gebiets von insgesamt 300 ha liegt im Kreis Lippe. Eine Befassung und Beschlussfassung des Kreistages in Detmold liegen noch nicht vor. Vielmehr hat sich die Kreisverwaltung in Form von Dialogveranstaltungen an dem Informationsprozess beteiligt. Auf der Seite des Kreises (Findungsprozess Nationalpark - Kreis Lippe (kreis-lippe.de)) heißt es:
„Im Frühjahr 2024 finden verschiedene Formate für die Öffentlichkeit, Interessensgruppen sowie Politik statt. Der Kreis möchte damit eine neutrale Plattform bieten, bei dem sich alle über die Effekte des Nationalparks informieren und Positionen austauschen können.“
Eine nicht öffentliche Informationsveranstaltung sowie ein Frage- und Informationschat per Internet haben stattgefunden. Die Fragen und Antworten, Statements und Ergebnisse dieser Aktion sind auf der Kreisseite zu finden.
Aktuell sind es der Förderverein Nationalpark Senne-Eggegebirge e.V., die Naturschutzverbände der betroffenen Kreise, Vereine und politische Parteien in den Kreisen Höxter und Paderborn, die die Zeit nutzen, um Informationen an die wahlberechtigten Bürger und Bürgerinnen zu bringen.
Es kann festgestellt werden, dass wie in allen Findungsprozessen zur Bestimmung der vorherigen 16 Nationalparke in der BRD identische Inhalte des pro und contra vorgebracht werden. Naturschutz, Klimaschutz, Artenschutz, Tourismus (Hotellerie, Gaststätten) mit Wandervereinen und Radclubs auf der einen Seite Forstwirtschaft, Landwirtschaft, IHK auf der anderen Seite. Die Argumente sind vielfältig.
Aus Sicht der Fachstelle Umweltschutz und Landschaftspflege sind es die Besonderheiten der Egge, der bis in den Teutoburger Wald (s. Externsteine) reichende 48 km lange Blockschuttkorridor mit den reich strukturierten Laubwäldern, den steilen Felswänden, Spalten und Höhlen die die Egge so einzigartig machen. Diese Bereiche sind für den Menschen nur schwer zugänglich, sind nicht oder kaum zu bewirtschaften und ein ideales Rückzuggebiet für streng geschützte Tierarten (Wildkatze, Haselhuhn, Bechsteinfledermaus).
Dieser Bereich der Egge ist ebenfalls Teil eines landesweit sehr bedeutenden Biotopverbundes. Das Eggegebirge ist aufgrund der vorherrschenden Südwest-Windrichtungen ein „Regenfänger“. 1200 mm Niederschläge hat Folgen für Klima und Lebensräume. Die ca. 140 Quellen in der Egge sind wertvolle Lebensräume für charakteristische Arten, wie Feuersalamander, Gestreifte Quelljungfer, Bachflohkrebse etc.. Als Besonderheit der Eiszeit ist der Alpenstrudelwurm zu nennen, der nur bei Temperaturen unter 15 Grad Celsius in kühlen und sauerstoffreichen Quellen überleben kann. Auch er lebt in der Egge.
Aktuell sind bereits ca. 75% des Gebiets der Egge Schutzgebiet, ca. 61 % sind Naturschutzgebiet. In diesen Naturschutzgebieten findet eine regelhafte Forstwirtschaft immer noch statt und ist dort auch gewünscht. Anders ist es mit den Innerhalb des Suchraums des Eggegebirges liegenden Wildnisentwicklungsgebieten (ca. 8 %) und Naturwaldzellen (ca. 1 %). Diese Flächen genießen bereits heute Prozessschutz. D.h. es findet bereits jetzt keine forstliche Nutzung statt. Der Wald wird sich dort selbst überlassen und zeigt seine selbstständigen Entwicklungsmöglichkeiten. So wie dies nach einer Übergangszeit auch im Nationalpark sein soll.

23,2 % der Gesamtfläche sind Kalamitätsfläche, die ganz überwiegend bereits abgeräumt sind. Holzeinschlag findet dort nicht mehr statt. Auf weiteren 6,84 % ist am Osthang der Egge der sog. Blockschuttkorridor. Aufgrund der schwierigen Topografie ist dort nur eine eingeschränkte forstliche Nutzung möglich. Zu den restlichen Flächen und der forstlichen Nutzungsmöglichkeit findet man im Gutachten von Dr. Bockwinkel Hinweise die zeigen, dass die Beeinträchtigungen für die Forstwirtschaft gering sind und durch Bezüge aus anderen landeseigenen Forstabteilungen gedeckt werden können.

Ziel eines Nationalparks ist es, die Natur der Natur zurückzugeben. Die Natur kann sich nach ihren eigenen Regeln entwickeln.

Das weitere Verfahren, wenn es denn positive Signale aus OWL geben sollte, wird in einer Nationalparkverordnung geregelt werden. Diese würde dann von der Landesregierung erlassen werden.
Hier werden u. a. die Kernzonen genannt. Es wird festgelegt in welcher Zeit, die notwendige Fläche von 75 % als Kernzone erreicht werden soll. Dies erfolgt regelmäßig in einer Übergangszeit, die auf 30 Jahre angelegt ist. In dieser Zeit werden die Kernzone entwickelt, Waldwirtschaft in den anderen Bereichen fortgesetzt, Wanderwege ausgebaut, touristische Angebote mit den Anbietern vor Ort entwickelt und mit den Bildungsträgern Bildungsangebote z.B. für Schulklassen, Familien, Kindergärten etc. erarbeitet. Für die Hochschulen, wie TH Höxter und Uni Bielefeld stehen die unterschiedlichen Forschungsfelder und -gebiete zur Verfügung, die gemeinsam mit den Mitarbeitern des Landes erarbeitet werden können.
Ein Nationalpark Egge gibt viele Möglichkeiten, Vorteile für die Region zu schaffen. Den größten Vorteil erhält jedoch die Natur mit einem Rückzugsraum, der eine Vielfalt von Pflanzen, Bäumen und schützenwerten Tieren aller Art schafft. Und das hilft auch den Menschen!

Deshalb: Ja. Zum Nationalpark Egge

Brigitte Scheuer
Vorsitzende der Fachstelle Umweltschutz und Landschaftspflege
Stand: 20. April 2024

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