Geplante „Windstrom-Autobahn“ aus dem Norden berührt den lippischen Südosten

Fachstelle Umweltschutz und Landschaftspflege im LHB

 

„Rhein-Main-Link“ steht für eine ca. 600 Kilometer lange Höchstspannungs-Übertragungsleitung, mit der die Betreiberin Amprion ab 2033 von Windparks an bzw. in der Nordsee erzeugten Strom in einer Größenordnung von 8 Gigawatt (GW) in den Raum Frankfurt am Main und Südhessen transportieren will. Genau genommen handelt es sich um die Bündelung von vier Leitungen mit je drei Kabeln. Die Leitungen tragen die Bezeichnungen DC 34, DC 35, NOR-x-8 und NOR-x-4. (DC ist die Abkürzung für „Direct current“ – Gleichstrom, wegen geringerer Transportverluste im Vergleich zu AC/“Alternating current“/Wechselstrom, NOR kennzeichnet zwei Offshore-Netzanbindungssysteme im Unterschied zu den beiden anderen, „an Land“ beginnenden Leitungen). Lediglich an den Anfangs- und Endpunkten (Netzverknüpfungspunkten, Konverterstationen) werden die Leitungen aufgefächert; verlaufen ansonsten parallel in einem ca. 40 Meter breiten Schutzstreifen unterirdisch und kommen nur an bestimmten Verknüpfungs- bzw. sog. Kabel-Kabel-Übergabestationen an die Oberfläche. Solche Areale (jeweils ca. fußballfeldgroß), die auch der Wartung und ggf. Instandsetzung der Leitungen dienen, werden in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen von ca. 150 Kilometern geplant. Die Verlegung der gebündelten Leitungen erfordert einen Arbeitsstreifen von ca. 75 Metern Breite, der auch Gegenstand des ab Ende Juni 2024 vorgesehenen Planfeststellungsverfahrens sein wird.

Im Vorfeld ging es zunächst um die Trassenfindung innerhalb eines als Such- bzw. Präferenzraum bezeichneten, von der Bundesnetzagentur vorgegebenen Korridors von ca. 5 bis 10 Kilometern Breite, der im lippischen Südosten (Bereich Blomberg, Schieder-Schwalenberg und Lügde) u. a. Landschafts- und Naturschutzgebiete (zum Teil von internationaler Bedeutung – FFH-Gebiete, kurz für „Flora, Fauna, Habitat“) überlagerte. Im Rahmen der Verfahrensbeteiligung durch den Vorhabenträger Amprion war es Aufgabe der Fachstelle, bis Ende Januar 2024 entsprechende Hinweise an die Bundesnetzagentur zu geben, was in einer Stellungnahme vom 29. Januar 2024 geschah. Konkret benannt wurden das FFH- und Naturschutzgebiet „Emmertal“, das Naturschutzgebiet „Schwalenberger Wald“ mit dem FFH-Gebiet gleichen Namens und dem ebenfalls mit FFH-Status belegten „Salkenbruch“, des Weiteren das FFH- und Naturschutzgebiet „Wälder bei Blomberg“ sowie die Naturschutzgebiete „Nieseniederung mit Mündungsbereich“ und „Ilsenbach“. Dies nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass bereits nach den für die Planung maßgebenden Vorgaben solche Gebiete der zweithöchsten sog. „Raumwiderstandsklasse“ (nach besiedelten Bereichen) zuzuordnen sind, u.U. sogar eine „Riegelwirkung“ auslösen. Hingewiesen wurde außerdem auf die zum Teil gewässerbezogenen Landschaftsschutzgebiete, soweit diese vom späteren Trassenverlauf berührt sein könnten.

Im nächsten Schritt präsentierte Amprion im April 2024 die sog. Vorschlagstrasse, ein Band von ca. 250 Metern Breite, innerhalb dessen sich später die parzellenscharfe Darstellung bewegen soll. Dabei ergab sich, dass die genannten Naturschutzgebiete von der Planung nicht mehr berührt, vielmehr – zum Teil in weitem Bogen – östlich umgangen werden. Nichtsdestoweniger wird im Planfeststellungsverfahren darauf zu achten sein, dass Biotopen und anderen empfindlichen Lebensräumen auch außerhalb der Schutzgebiete sowie Artenschutzaspekten die nötige Aufmerksamkeit zuteilwird und ggf. erforderliche Kompensationsmaßnahmen zum Tragen kommen. Dies auch insofern, als der erwähnte Schutzstreifen über den ca. 1,60 Meter unter der Erdoberfläche verlegten Leitungen grundsätzlich zumindest von tiefwurzelndem Bewuchs freizuhalten ist.

In Antragskonferenzen im 2. Halbjahr 2024, Stellungnahmen zu den danach (voraussichtlich im 2. Halbjahr 2026) vorzulegenden weiteren Planunterlagen und nachfolgenden Erörterungsterminen (voraussichtlich im Jahr 2027) wird die Fachstelle die angesprochenen Belange geltend machen.

Der Vorhabenträger Amprion rechnet mit den Planfeststellungsbeschlüssen der Bundesnetzagentur als Genehmigungsbehörde im 1. Halbjahr 2028. Danach soll mit dem Bau begonnen werden, so dass ab 2033 Windstrom von Niedersachsen nach Hessen fließen kann (s.o.). Ausführliche Informationen auf der Projektwebseite https://rhein-main-link.de; zur Vorschlagstrasse im Besonderen: RHEIN-MAIN-LINK EXPERIENCE (arcgis.com).

Exkurs: Für das vor einigen Jahren hier diskutierte Projekt SuedLink zum Transport von Windstrom aus dem Norden nach Baden-Württemberg und Bayern sind mittlerweile die Planfeststellungsverfahren weitgehend abgeschlossen; einzelne Teilabschnitte bzw. Anlagen befinden sich bereits im Bau. Die Trasse berührt Nordrhein-Westfalen nicht mehr, verläuft vielmehr unmittelbar westlich von Hannover und damit weit ab von unserer Region in Nord-Süd-Richtung; Näheres unter https://de.wikipedia.org/wiki/Suedlink.


Stand: April 2024

Roald Niemeier 

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